03.09.2012

Brauchen wir in Deutschland 27 Diözesen?

Brauchen wir in Deutschland vor dem Hintergrund von Fusionierungen von Gemeinden und Profanierung von Kirchen noch 27 Diözesen?

W.T., Hannover

Ob ein Bistum „gebraucht“ wird, ist zunächst – ähnlich wie bei Pfarreien – keine Frage allein von wirtschaftlichen oder einfachen Nützlichkeitsüberlegungen. Andererseits gibt es keinen zwingenden Grund, in Deutschland exakt 27 Diözesen mit ihren jeweiligen Verwaltungen zu haben. Die Kirchengeschichte zeigt, dass Anzahl und Ausdehnung von Bistümern vielfach variiert wurden.

Weltweit gibt es etwa 3000 katholische Bistümer. Es kommen aber neue hinzu, wenn etwa aufgrund der steigenden Katholikenzahl neue Strukturen erforderlich werden, zum Beispiel in Afrika. In der Kirchengeschichte gibt es auch eine Vielzahl von „untergegangenen“ oder aufgehobenen Diözesen, die zum Teil als Titularbischofssitze dienen, in Deutschland etwa das frühere Bistum Chiemsee.

Nach der Wiedervereinigung 1990 sind in den neuen Bundesländern neue Diözesen errichtet worden. Zum Teil wurden sie aus Teilgebieten bisheriger Bistümer neu organisiert, so etwa das Erzbistum Hamburg, das auch frühere Gebiete der Diözesen Osnabrück und Hildesheim umfasst und bis nach Mecklenburg-Vorpommern reicht. Auch das Bistum Aachen ist im 19. Jahrhundert mehrfach verändert und neu zugeschrieben, zeitweise auch in das Erzbistum Köln aufgelöst worden.

Das Kirchenrecht für die lateinische Kirche behält die Errichtung und Umschreibung von Diözesen dem Papst als höchste kirchliche Autorität vor (Canon 373 des Kirchenrechts). Für die orientalischen Teilkirchen gelten andere Regeln. Wenn es Veränderungen innerhalb der Diözesen gibt, soll die zuständige Bischofskonferenz mit den betroffenen Bischöfen gehört werden, auch wenn Kirchenprovinzen neu errichtet, neu umschrieben oder aufgehoben werden (Canon 431 §3). In Deutschland bestehen aufgrund der Konkordate zwischen dem Staat mit dem Heiligen Stuhl auch Abstimmungsregeln, wenn solchen Veränderungen vorgesehen sind. Eine Veränderung der Strukturen der derzeit 27 deutschen Bistümer ist also durchaus denkbar und möglich, wenn dies nach Urteil des Papstes erforderlich werden sollte.

Michael Kinnen