06.11.2012
Anfrage
Hürden auf dem Weg zum Priester?
Gab oder gibt es noch immer eine Bestimmung im kirchlichen Gesetzbuch, dass unehelich geborene Männer, wenn sie Priester werden wollen, eine besondere Dispens (Erlaubnis) des Bischofs brauchen? E.H., Balge
Nein, heute gibt es so etwas nicht mehr. Zu Beginn des zweiten Jahrtausends aber war die Ansicht verbreitet, dass es unabhängig vom eigenen Verschulden „Defekte“ gibt, die für den geistlichen Stand ungeeignet machen können. Davon konnten der Papst oder der Bischof dispensieren.
So meinten Theologen wie Thomas von Aquin (1225–1274) oder Peter Abaelard (1079–1142), ein unehelich geborener Sohn sei ungeeignet für den Klerus. Anders in der frühen Kirche: Hieronymus (347–420) sah keinen Grund, diesen „Defekt“ dem Kind anzulasten.
Ein generelles Weiheverbot ist daraus auch nicht abzuleiten. Die Idee, die ursprünglich auf die Empfehlungen in den Briefen von Paulus an Timotheus und Titus gründet, ist: Die christliche Botschaft selbst soll provozieren – und nicht ihre Vertreter etwa durch Lügen, Unterschlagung, Bereicherung oder unehrenhafte Herkunft. Leider wurden unehelich geborene Menschen lange so gesehen.
Eine uneheliche Geburt der sogenannten „Illegitimen“ galt noch im Kirchenrecht von 1917 als Grund für eine „Irregularität“, also als Hindernis für eine Priesterweihe. Ausnahmen gab es aber immer wieder. So war der Gründer der Schönstattbewegung, Pater Josef Kentenich, selbst ein Kind aus einer unehelichen Beziehung.
Das geltende Kirchenrecht von 1983 kennt keine Einschränkung mehr für unehelich geborene Söhne beim Zugang zum Priestertum. Canon 241 schreibt vor: Der Diözesanbischof soll nur solche Kandidaten ins Seminar aufnehmen, „die aufgrund ihrer menschlichen, sittlichen, geistlichen und intellektuellen Anlagen, ihrer physischen und psychischen Gesundheit und auch ihrer rechten Absicht fähig erscheinen, sich dauernd geistlichen Ämtern zu widmen“.
Michael Kinnen