01.10.2012

Wieso spricht man beim Rosenkranz von „Gesätzen“?

Im Gotteslob ist unter der Nummer 33 zu lesen: „Jedes Gesätz beginnt mit dem Vaterunser.“ Warum spricht man da von einem Gesätz?
Karl-Heinz R., K.

Das Wort „Gesätz“ ist in der Tat ein seltener Begriff geworden und wird wohl nur noch im Zusammenhang mit dem Rosenkranz verwendet, der jetzt im Monat Oktober wieder öfter gebetet wird. Das Wort hat heute nichts mehr mit einem juristischen oder naturwissenschaftlichen Gesetz zu tun. Allerdings haben beide Wörter dieselbe Herkunft und bedeuteten ursprünglich so etwas wie „Richtschnur“, „festsetzen“, „bestimmen“.
„Gesätz“ ist ein Fachausdruck der Literaturwissenschaft und bezeichnet ursprünglich eine „Strophe im Meistergesang“, meint also so viel wie Abschnitt, Strophe, Vers. Meistersinger, auch Meistersänger, waren bürgerliche Dichter und Sänger im 15. und 16. Jahrhundert, deren Dichtungen und Melodien sich aus dem Minnesang, also der Liebeslyrik, ableiteten und strengen Regeln gehorchten.
Da das Rosenkranzgebet in dieser Zeit aus einem Minnegesang an die Gottesmutter Maria entstand, wird auch dort der Begriff Gesätz verwendet. Er bezeichnet dabei eine gesprochene Strophe des Rosenkranzgebetes, die aus einem Vaterunser, zehn „Ave Maria“ mit einem Glaubensgeheimnis (zum Beispiel „… Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast“) und einem „Ehre sei dem Vater“ besteht.
Roland Juchem